„Die Führungskraft muss ein authentischer Mensch bleiben!“
Die IZF Veranstaltung „Führung im Dialog“ zum Thema „Erfolgsfaktor Unternehmenskultur“ begeistert über 200 Teilnehmer.
Zusammenfassung von Nadine Izquierdo, IZF
„Ich habe viele Führungskräfte in Deutschland kennengelernt, bei denen ich mich gefragt habe, wie sie zu ihrem Job gekommen sind…“ Aussprechen was so mancher denkt, offen diskutieren was zu häufig ungesagt bleibt, provokante Thesen aufstellen und Positionen aushandeln, das ist es, was die IZF Veranstaltungsreihe „Führung im Dialog“ ausmacht. Auch die Novemberauflage 2019 hat wieder konträre Persönlichkeiten auf dem Podium versammelt und so eine spannende Debatte zum Thema Unternehmenskultur angestoßen.
Bereits 2018 haben 65% der befragten internationalen Führungskräfte in der „Global Culture Survey“ von Strategy& die Kultur eines Unternehmens als wichtiger eingestuft als dessen Strategie oder das Geschäftsmodell. Dennoch ist das Miteinander in Unternehmen und in den Organisationen der Zivilgesellschaft häufig weit von dem entfernt, was Führung eigentlich umsetzen könnte: Über 60% der Mitarbeiter identifizieren sich aktuellen Studien zufolge nicht oder nur schwach mit ihrem Unternehmen.
Nicht verwunderlich also, dass die 11. IZF Veranstaltung zum Thema „Erfolgsfaktor Unternehmenskultur – Warum tut sich Führung so schwer“ am 7. November 2019 rund 200 Interessierte in die Räumlichkeiten der IHK Region Stuttgart lockte. Unter ihnen zahlreiche junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die der vom Journalisten Reinhard Hübsch moderierten Diskussion folgten.
J. Menno Harms hatte auf dem Podium in bekannter Manier wieder Charaktere eingeladen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Vom Familienunternehmer, über den Mittelständler und Banker bis zum Gewerkschafter.
Trotz teilweise konträrer Standpunkte war für die Podiumsteilnehmer dies das Idealbild einer Führungskraft: Eine Persönlichkeit als „Fels in der Brandung“, die mit klaren Werten vorbildlich führt in welche Richtung es gehen soll, die auch mal fragt ohne Antworten vorzugeben, die auf der Grundlage einer tiefen Überzeugung intuitiv handelt.
Für Anette Bronder, Group Chief Operating Officer der Swiss-Re in Zürich lautete das Schlagwort „Führung orchestrieren“. Nur wenn es der Führungskraft gelinge, Stabilität auch über Distanz zu vermitteln und dabei zeitgleich für die Zukunft zu begeistern, könnten Unternehmen auch in unsicheren Zeiten auf gesunde Weise ihr Renditestreben verfolgen.
Dr. Julia Duwe, Chief Agile Manager Production Platforms bei der TRUMPF Werkzeugmaschinen GmbH + Co. KG stellte klar, dass in Zeiten interdisziplinärer Teams, der Vorgesetzte nicht auf alle Fragen Antworten geben kann. Vielmehr sehe sie seine Rolle in der Vernetzung und Bereitstellung von Kommunikationsangeboten für das Team. Nur eine Führungskraft, die eine gemeinsame Vision klar vor Augen hat und ihre Mitarbeitenden dafür gewinnen kann, dann jedoch die Aufgaben in die Teams abgibt und sich nicht in Mikromanagement verzettelt, kann auf Dauer erfolgreich führen und die Unternehmenskultur positiv mitprägen. Und stetig reflektieren was man prägt, sei dabei ein wichtiger Aspekt guter Führungsarbeit.
Dass vielen Führungskräften eben diese Freiheit des Teams Angst mache, stellte Oliver Bruns, Vorsitzender der Geschäftsführung der Edelmann GmbH in Heidenheim in den Mittelpunkt seiner Beiträge. Wer als Führungskraft nicht versuche, Macht über fehlende Transparenz auszuüben, könne sich öffnen und gute Führung zulassen. Diese bedeute, ein gutes Team zusammenzustellen und ihm die Chance zur Entwicklung zu geben und nicht fachlich perfekt in jedem Bereich zu agieren.
„Führungskräfte nehmen sich heute oft zu wichtig, sie reden zu viel und hören zu wenig zu“, so seine These zu Führung und Unternehmenskultur. Zukunftsfähige, erfolgreiche Führungskräfte müssten nicht fachliche Experten sein, sondern vor allem Menschen mitreißen können. Ein Aspekt, der in vielen Unternehmen bei der Auswahl von Führungskräften noch eine untergeordnete Rolle spiele.
Folgt man Leonhard Zintl, Vorstand der Volksbank Mittweida eG, sind die Zeiten für mutige Führungskräfte besser denn je. „Wer die Zukunft liebt und Veränderung mag, für den ist es eine wundervolle Zeit.“ Dabei sei es wichtig, die Menschen zu mögen und konsequent und berechenbar zu sein, denn nur so würde Führung zu einer erfolgreichen Aufgabe.
Unternehmenskultur stelle einen ‚vorlaufenden Indikator der Gewinn- und Verlustrechnung‘ dar. Und nur wenn jeder im Unternehmen an der Stelle stünde, an der er seine Leistung voll einsetzen könne, funktioniere das Unternehmen. Neue Techniken und digitale Lösungen könnten hierzu zwar einen Beitrag leisten, jedoch nicht zum Problemlöser per se gemacht werden. Der Prozess der Veränderung sei wie das Abnehmen: Es bringe nichts, eine Digitalwaage zu kaufen, wenn die analoge zu viel anzeige…
Wenn es um personelle Veränderungen gehe, bedürfe es laut Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, auch mal anderer Auswahlverfahren. Wer immer denselben Weg ginge, würde immer dieselben Personen einstellen. Ein Mix unterschiedlicher Kompetenzen und Talente sei das Geheimnis eines erfolgreichen Unternehmens.
„Eine Führungskraft dürfe nicht besoffen von der eigenen Ausstrahlungskraft sein“; denn nur wer sich vom eigenen Sockel holen und kritisch hinterfragen könne, führe sich auch selbst gut. Dabei gelte es, sich situativ anzupassen, aber die eigenen Werte nicht zu verlassen.
Einig war sich das Podium, dass der Führungsbegriff im Wandel sei und Unternehmenskultur als entscheidender Faktor bei der Gewinnung vor allem junger Mitarbeiter eine zunehmend größere Rolle spielt. Dass dabei in manch einem Unternehmen die Führungsriege zu selten über die eigenen Werte nachdenke, stand nicht infrage. Eine Führungskraft müsse bei allem Erfolgsstreben vor allem ein authentischer Mensch bleiben…